Oliver Burke strahlte. Es war der 10. September 2016, und der damals 19-Jährige hatte gerade ein Traumdebüt in der Bundesliga hingelegt. Nach seiner späten Einwechslung gegen Borussia Dortmund hatte er Naby Keita zum Siegtor in der Nachspielzeit assistiert und RB Leipzig damit den ersten Bundesliga-Sieg der Vereinsgeschichte beschert.
Als er ein paar Minuten später in den Katakomben der Red-Bull-Arena feierte, sprudelte die Euphorie aus dem jungen Schotten heraus. Was in dieser Saison noch alles möglich sei, wurde er gefragt. Seine Antwort: „Wir können Deutscher Meister werden! Warum nicht?“

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Fast neun Jahre später soll eben jener Burke nun kurz vor einem Wechsel zum 1. FC Union stehen. Wie sein aktueller Klub aus Bremen am Mittwoch bestätigte, wird er Werder im Sommer verlassen. Laut übereinstimmenden Medienberichten war er schon zum Medizincheck in der Charité. Die endgültige Bestätigung aus Köpenick dürfte nicht lange auf sich warten lassen.
Damit würde Union den ersten großen Coup des Transfersommers vollziehen, und das schon vier Wochen vor dem Saisonende. Mit Burke kommt ein Stürmer, der Wucht und Schärfe in die vorderen Reihen bringen könnte. Ein Spieler, der einst mit Gareth Bale verglichen und zum teuersten schottischen Spieler der Geschichte wurde.
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Die Stationen von Oliver Burke
- 2014-2016: Nottingham Forest
- 2015 (Leihe): Bradford City
- 2016-2017: RB Leipzig
- 2017-2020: West Bromwich Albion
- 2019 (Leihe): Celtic Glasgow
- 2019-2020 (Leihe): Deportivo Alaves
- 2020-2022: Sheffield United
- 2022 (Leihe): FC Millwall
- seit 2022: Werder Bremen
- 2023 (Leihe): FC Millwall
- 2023-2024: Birmingham City (Leihe)
Dabei ist es ein ganz anderer Burke, der nun wieder Richtung Osten zieht. Die Haare sind etwas weniger lockig als damals, die Schulter etwas breiter. Statt von jugendlichem Optimismus sprechen seine Gesichtsfalten heute von einer turbulenten Karriere und einer langen, oft vergeblichen Suche nach Ruhe und Glück.
Als er 2016 für 13 Millionen Euro nach Leipzig wechselte, war Burke noch ein Pionier. Dass ein junger britischer Spieler in die Bundesliga wechselte, um mehr Spielzeit zu sammeln, war damals noch ungewöhnlich. In den Jahren danach wurde es fast zum Klischee. Von Reiss Nelson und Jadon Sancho bis hin zu Jude Bellingham und Jamie Gittens: Burke – in Schottland geboren und in England aufgewachsen – war der erste einer ganzen Generation von Bundesliga-Briten.
Über die Jahre wurde das sogar zu einer Vermarktungsstrategie. Die Bundesliga stilisierte sich gerne zur Elite-Schule für Fußball-Europa, zum einzig verbliebenen Standort – anders als die turbokapitalistische Premier League – wo junge Spieler noch eine faire Chance bekamen. Doch für jeden Bellingham oder Sancho gab es auch zahlreiche junge Spieler, für die die Bundesliga doch nicht zum gelobten Land wurde. Burke war dafür ein gutes Beispiel.
Denn die Euphorie in Leipzig verblasste schnell. In der Saison 2016/17 wurde Rasenballsport zwar Vizemeister, doch Burke bekam nie die Spielzeit, die er sich von seinem Wechsel nach Deutschland erhofft hatte. Nach nur einem Jahr verließ er Leipzig erneut. Statt Deutscher Meister wurde er nun zum Archetyp von dem, was die Engländer einen „Journeyman“ nennen.
In England nennen sie einen wie Burke „Journeyman“
Jahrelang tingelte er in Großbritannien und Deutschland durch die Ligen, sammelte in neun Jahren zehn verschiedene Stationen, sechs davon als Leihspieler. Neben Leipzig war er auch in Nottingham, Bradford, West Bromwich, Glasgow, Sheffield, Millwall, Bremen, Birmingham und sogar kurz auch in Spanien bei Alaves. Und nun wird er wohl – wie viele verlorene Seelen vor ihm – in Berlin landen.
Wobei dies vielleicht sogar der bisher beste Burke sein könnte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten in Bremen ist der mittlerweile 28-Jährige in dieser Saison zum Stammspieler, ja auch zum Publikumsliebling an der Weser gereift. Trainer Ole Werner schwärmt mittlerweile von seinem Arbeitsethos und seinem Standing im Team. Und mit seinen drei Toren in den letzten drei Spielen hat er Werder die Tür nach Europa wieder aufgemacht.
Als er Bremen vor zwei Wochen mit einem Tor gegen Frankfurt und zwei Treffern in Stuttgart jeweils zum Sieg schoss, war das einstige Wunderkind plötzlich wieder zu sehen. Jenes explosive Fußballtalent, das zu Recht von Großem träumen durfte. Ganz geklappt hat es am Ende nicht für Oliver Burke. Doch vielleicht findet er ja nun in Berlin sein Glück.