Die Berliner Innenverwaltung und das Landesamt für Einwanderung (Lea) haben unter anderem vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) geäußerte Zweifel am digitalen Einbürgerungsverfahren zurückgewiesen. Tatsächlich ergebe sich durch das vollständig digitalisierte Verfahren kein Sicherheitsrisiko, das Gegenteil sei richtig, erklärten beide Behörden übereinstimmend. Berlin sei mit dem vollständig digitalisierten Verfahren bundesweit Vorreiter, eine persönliche Vorsprache sei weder gesetzlich vorgeschrieben noch aus Sicherheitsgründen nötig.

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Konkret hieß es aus der Innenverwaltung, Fälschungsmöglichkeiten seien durch digitale Anfragen zu Einbürgerungswilligen etwa bei Sicherheitsbehörden und beim Bundeszentralregister ausgeschlossen. Es lägen schnell belastbare Auskünfte vor, zudem bestehe jederzeit und vollumfänglich Zugriff auf die Ausländerakte. Das neu gegründete Landesamt für Einwanderung hat Anfang 2024 die Aufgabe der Einbürgerungen von den Bezirken übernommen – und das Verfahren digitalisiert.
Widersprüche im Vortrag, Manipulationen von Unterlagen und Dokumenten, von Pässen, Voraufenthalten, Arbeitsverträgen oder Integrationstests könnten so viel schneller erkannt werden als beim persönlichen Erscheinen in einer Behörde, die nicht vernetzt mit der Ausländerbehörde arbeite, erklärte der Lea-Sprecher.
Eher das Gegenteil ist richtig.
Ein Sprecher des Landesamtes für Einwanderung zu Sicherheitsbedenken.
Ein Lea-Sprecher bestätigte dem Tagesspiegel, der jeweils zuständige Sachbearbeiter habe „vollen Zugriff zur elektronischen Ausländerakte und kann die digital eingereichten Unterlagen […] vergleichen. Auch die obligatorischen Anfragen bei den Sicherheitsbehörden wie dem Verfassungsschutz und dem Bundeszentralregister erfolgen digitalisiert und automatisiert“. Der Eindruck, im digitalen Verfahren würde weniger sorgfältig geprüft, sei falsch. „Eher das Gegenteil ist richtig“, erklärte der Sprecher.
Tatsächlich ist Berlin bei der Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen Vorreiter. Ein vollständig digitalisiertes Verfahren von der Antragsstellung bis zur Bescheidung inklusive Zugriff auf die sogenannte Ausländerakte könne kein anderes Bundesland vorweisen, erklärte der Lea-Sprecher am Dienstag. Innerhalb von nur einem Jahr konnte die Zahl der Einbürgerungen in Berlin von rund 9000 auf mehr als 20.000 gesteigert werden. Im ersten Halbjahr 2025 wurden 20.060 Einbürgerungen vollzogen. Berlin dürfte in diesem Jahr die 40.000 Einbürgerungen überschreiten.
Wegner poltert, Spranger schweigt
Am Montag hatte unter anderem Berlins Regierender Bürgermeister Zweifel an der Rechtmäßigkeit des rein digitalen Einbürgerungsverfahrens geweckt. „Ich habe die zuständige Innensenatorin gebeten, darzulegen, wie sichergestellt wird, dass eine sorgfältige Prüfung dieser gesetzlichen Voraussetzungen garantiert wird“, sagte Wegner der „Bild“-Zeitung, nachdem diese über den vermeintlichen „Einbürgerungsturbo“ berichtet hatte.
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) wollte die Aussagen des Regierenden am Dienstag nicht kommentieren. Erst im Januar hatte sie die deutliche Beschleunigung bei der Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen bei einem Besuch im Lea gelobt. Das Beispiel mache deutlich, wie sehr Behörden von der Digitalisierung profitieren könnten, erklärte Spranger damals. An anderer Stelle forderte zuletzt auch Wegner vehement Fortschritte bei der Digitalisierung der Verwaltung.
Dobrindt schaltet sich ein
Knackpunkt in der Debatte über das digitale Einbürgerungsverfahren ist die Frage, ob Antragssteller persönlich vorsprechen müssen oder nicht. In Berlin erfolgt eine persönliche Vorsprache dem Lea-Sprecher zufolge „in aller Regel erst bei einer positiven Antragsprüfung zur Aushändigung der Einbürgerungsurkunde und vorherigen Abgabe des feierlichen Bekenntnisses“.
Ein Sprecher des Innenministeriums in Baden-Württemberg wiederum hatte der „Bild“ erklärt, die Behörden müssten sich „vergewissern, dass die Bekenntnisse der inneren Überzeugung der Antragsteller entsprechen und nicht lediglich Lippenbekenntnisse sind“. Auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte sich entsprechend geäußert.
Anfang des Jahres hatte das Verwaltungsgericht Braunschweig entschieden, es gebe keine gesetzliche Grundlage für eine anlasslose Befragung von Menschen mit Einbürgerungswunsch – auch nicht nach dem im Sommer 2024 in Kraft getretenen „Staatsangehörigkeitsmodernisierungsgesetz“. Anders sei das nur, wenn Hinweise auf Äußerungen oder Handlungen vorlägen, die Zweifel an der Verfassungstreue von Einbürgerungswilligen wecken könnten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.