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Winterfrieden bei der Bahn: Warum die GDL vorerst auf Streiks verzichtet – und was das für Reisende bedeutet

2025-12-17
In politik Vom Caspar Schwietering

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Es ist ein echter Kulturwandel. Ab dem 8. Januar verhandeln die Deutsche Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL über einen neuen Tarifvertrag, mit Streiks ist aber vorerst nicht zu rechnen.

Zwar endet der aktuelle Tarifvertrag der GDL bereits am 1. Januar, doch beide Seiten haben für die ersten zwei Monate der Gespräche eine Friedenspflicht vereinbart. Getroffen wurde die Vereinbarung beim Abschluss des derzeit noch laufenden Tarifvertrages. Sie geht damit noch auf den früheren GDL-Chef Claus Weselsky zurück.

Sein Nachfolger Mario Reiß kann damit zu Beginn der kommenden Tarifrunde vorerst nicht ähnlich konfrontativ auftreten wie der streitbare Weselsky.

Mario Reiß ist der Nachfolger von Claus Weselsky als GDL-Chef. In dieser Tarifrunde muss er sich beweisen.

© picture alliance/dpa/Martin Schutt

Weselsky setzte sich durch

Im November 2023 ordnete Claus Weselsky bereits nach der ersten Verhandlungsrunde einen Warnstreik an, weil der Personalvorstand der Deutschen Bahn, Martin Seiler, sich nicht bereit zeigte, über eine zentrale Forderung der GDL zu verhandeln: eine Senkung der wöchentlichen Regelarbeitszeit für Schichtarbeiter.

Nach der zweiten Tarifrunde erklärte Weselsky die Verhandlungen dann sogar für gescheitert. Nachdem es bereits fünf Warnstreik-Runden gegeben hatte, führte die GDL im März 2024 sogenannte Wellenstreiks durch – also mehrere Streiks in kurzer Folge ohne lange vorherige Ankündigung.

Erst Ende März – nach viereinhalb Monaten Tarifstreit – einigten sich Bahn und GDL schließlich. Claus Weselsky setzte sich durch: Bis 2029 wird für die GDL-Lokführer und Zugbegleiter im Schichtdienst die Wochenarbeitszeit schrittweise auf 35 Stunden pro Woche abgesenkt.

Lokführer arbeiten länger

Ab dem 1. Januar 2026 greift der erste Schritt der von Claus Weselsky durchgesetzten Arbeitszeitverkürzung für GDL-Lokführer und GDL-Zugbegleiter im Schichtdienst. Sie müssen dann regulär nur noch 37 statt 38 Stunden pro Woche arbeiten. Doch bei den meisten Lokführern ändert sich nichts. Denn über 90 Prozent von ihnen entschieden sich, gegen mehr Geld dennoch 38 Stunden zu arbeiten, wie die Deutsche Bahn im Sommer angab.

Mit der langen Friedenszeit zu Beginn der nächsten Tarifrunde, die Seiler der GDL abgerungen hat, will die Bahn nun Streiks möglichst vermeiden. „Wir gehen mit ausgestreckter Hand in die Tarifverhandlungen“, sagte Seiler am Dienstag in Berlin. Ziel sei es, am Verhandlungstisch zu einem fairen und tragfähigen Kompromiss zu kommen.

Erneut ein großer Knackpunkt

Ausreichend Zeit für einen Abschluss noch in der Friedenspflicht ist grundsätzlich vorhanden. Bis Ende Februar sind insgesamt 14 Verhandlungstage angesetzt. Nach der Auftaktveranstaltung wird es im Januar noch drei weitere Verhandlungstermine geben. Im Februar sind dann zwei einwöchige Gesprächsrunden geplant.

Die GDL hat bereits im Sommer verkündet, dass sie bis zu acht Prozent mehr Geld fordert. Ein Teil davon soll durch die Umstrukturierung des Tarifsystems zustande kommen, zugleich fordert die GDL mindestens 3,8 Prozent mehr Lohn für die Tarifbeschäftigten – bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Auch Mario Reiß zeigte sich gesprächsbereit. „Jetzt geht es zunächst darum, die Themen mit dem Arbeitgeber am Tariftisch geordnet, professionell und im bestmöglichen Sinne abzustimmen, damit am Ende ein Ergebnis steht, das den Anforderungen an einen zukunftsfähigen Bahnbetrieb gerecht wird“, sagte er.

Die nun beginnenden Tarifverhandlungen müssten den Rahmen dafür setzen, dass Bahnberufe wieder als verlässliche Lebensperspektive wahrgenommen würden, erklärte er. Der Fachkräftemangel habe sich in nahezu allen Bereichen des Bahnbetriebs massiv verschärft, betonte Reiß. Die Arbeit im Bahnbetrieb müsse deshalb wieder spürbar an Attraktivität gewinnen.

Seiler reagierte zurückhaltend auf die Forderungen. Man habe diese erhalten und werde darüber mit der GDL in den Verhandlungen sprechen, erklärte der Konzern. Ein Knackpunkt in den Gesprächen könnte erneut das sogenannte Tarifeinheitsgesetz (TEG) sein.

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler will die Tarifrunde ohne Streiks beenden. (Archivbild)

© picture alliance/dpa/Christoph Soeder

Denn die GDL fordert, dass die Bahn das Gesetz nicht länger anwendet. Es schreibt vor, dass in den rund 300 Unterbetrieben der Deutschen Bahn nur der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft gilt. Das ist überwiegend die Bahngewerkschaft EVG, die GDL hat nur in 19 Betrieben die Oberhand.

Das TEG sei ein Angriff auf die Tarifautonomie, sagte Reiß bereits bei der Vorstellung der GDL-Forderungen im Sommer. Seiler dürfte in diesem Punkt allerdings nur bedingt gesprächsbereit sein – allein schon, weil die EVG auf der Anwendung des TEG beharrt.

Für den Fall, dass die Verhandlungen deshalb erneut scheitern, hat die Bahn ebenfalls vorgesorgt. Auf Wunsch des Konzerns (oder der GDL) würde automatisch eine Schlichtung folgen. Erst wenn diese gescheitert ist, wären Streiks möglich. Erst kurz vor Ostern könnten die Lokführer also erneut den Bahnverkehr in Deutschland lahmlegen. Erst dann wird sich auch endgültig zeigen, ob der neue GDL-Chef Mario Reiß ein ähnlich harter Hund ist wie sein Vorgänger.

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