Der Prozess gegen „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg ist mit einem teilweisen Freispruch zu Ende gegangen. Das Landgericht Stuttgart sprach die Galionsfigur der Proteste gegen staatliche Corona-Maßnahmen vom Vorwurf des Betrugs frei, sprach ihn aber zugleich wegen Steuerhinterziehung schuldig – und verwarnte ihn. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages — abends direkt in Ihr E-Mail-Postfach.
Ballweg musste sich seit Herbst 2024 vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, über öffentliche Spendenaufrufe mehr als eine Million Euro für „Querdenken“ eingeworben und dabei die Unterstützer über die tatsächliche Verwendung der Gelder in die Irre geführt zu haben. Mehr als eine halbe Million Euro soll er demnach für private Zwecke verwendet haben. Belegt sind laut Akten Ausgaben für „Querdenken“ in Höhe von 843.111,68 Euro für die Bewegung.
Ballweg selbst zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung des Gerichts und ignorierte den Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung. „Ich freue mich jetzt, dass meine Unschuld bestätigt wurde“, sagte er nach der Urteilsverkündung. Die „Märchen der Staatsanwaltschaft“ seien zusammengefallen wie ein Soufflé. Es sei wichtig, dass Behörden sorgsam mit Steuergeldern umgingen und diese nicht in Verfahren versenkten, die, so Ballweg, politisch motiviert sein könnten.
Dennoch wolle er mit seinen Anwälten Rechtsmittel prüfen, sagte Ballweg. Auch die Staatsanwaltschaft will prüfen, ob sie das Urteil anfechten will.
Anklage forderte drei Jahre Haft
Ballwegs Verteidiger wiesen die Anschuldigungen von Beginn an entschieden zurück. Der Unternehmer selbst erklärte, er habe mit seiner Initiative sogar rund 80.000 Euro Verlust gemacht. Bereits im Frühjahr hatte das Gericht eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit vorgeschlagen. Die Richter verwiesen darauf, dass man Ballweg keinen Vorsatz nachweisen könne. Die Staatsanwaltschaft lehnte den Vorschlag jedoch ab.
In ihrem Plädoyer in der vergangenen Woche forderte die Anklage eine dreijährige Freiheitsstrafe sowie die Einziehung von über einer halben Million Euro – jenem Betrag, den Ballweg laut Anklage zweckwidrig verwendet haben soll. Die Verteidiger plädierten hingegen auf Freispruch und beantragten zudem eine Entschädigung für Ballwegs Zeit im Gefängnis.
Galionsfigur der Protestbewegung
Wegen der laufenden Ermittlungen saß „Querdenken“-Gründer Ballweg ab Juni 2022 mehrere Monate in Untersuchungshaft. Die Justiz hatte dies mit Fluchtgefahr begründet. Unterstützer versammelten sich regelmäßig vor der Haftanstalt, um seine Freilassung zu fordern. Im April 2023 kam Ballweg auf freien Fuß.
Ballweg war während der Corona-Pandemie zu einer zentralen Figur der regierungskritischen Proteste geworden. Die von ihm gegründete „Querdenken“-Bewegung formierte sich 2020 in Stuttgart als Reaktion auf die staatlichen Schutzmaßnahmen. Binnen kurzer Zeit breitete sie sich bundesweit aus – zu den Demonstrationen gesellten sich neben Impfgegnern auch Esoteriker, Anhänger von Verschwörungstheorien und Vertreter rechtsextremer Gruppen. (dpa)