Lohnunterschiede im Osten und Westen Deutschlands sind laut einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung in den vergangenen zehn Jahren deutlich kleiner geworden. Aktuell liege die Lücke bei Vollzeitbeschäftigten in Ost und West bei 17,4 Prozent, erklärte die gewerkschaftsnahe Stiftung am Dienstag in Düsseldorf mit Blick auf den Tag der Deutschen Einheit am Freitag.
Vollzeitbeschäftigte in Westdeutschland verdienten 2024 im Schnitt 4.810 Euro brutto im Monat, in Ostdeutschland 3.973 Euro. Doch die Lohnlücke sei seit 2014 um 7,0 Prozentpunkte gesunken. Das sei deutlich mehr als im Zeitraum von 1999 bis 2014 mit einer Angleichung von lediglich 1,6 Prozentpunkten.

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Eine Ursache für die Fortschritte sehen die Forschenden des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Böckler-Stiftung etwa im Mindestlohn, der 2015 deutschlandweit eingeführt wurde. „Beschäftigte in den ostdeutschen Bundesländern haben vom Mindestlohn überdurchschnittlich häufig profitiert“, erklärte der Sozialwissenschaftler Malte Lübker vom WSI.

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Am unteren Ende der Lohnverteilung gibt es der Auswertung zufolge mittlerweile kaum noch Ost-West-Unterschiede. So hätten sich die Stundenlöhne im unteren Zehntel der Lohnverteilung im April 2024 mit 12,87 Euro in Ostdeutschland und 13,00 Euro im Westen nahezu angeglichen.
Im Mittelfeld sei der Unterschied mit 11,7 Prozent allerdings deutlich größer (Ost: 18,56 Euro, West: 21,02 Euro).
An der Spitze habe sich wenig verändert: Im zweitobersten Zehntel liege der Lohnunterschied noch bei 19,3 Prozent (Ost: 32,13 Euro, West: 40,03 Euro). Das sei kaum eine Veränderung zu 2014, als die Lücke bei 21,3 Prozent gelegen habe.
Durch die kommenden Erhöhungen des Mindestlohns auf 13,90 Euro zum 1. Januar 2026 und auf 14,60 Euro zum 1. Januar 2027 erwartet die Stiftung eine weitere Angleichung der Löhne. „In Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen, bleibt eine wichtige Aufgabe“, sagte Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin des WSI.
Wichtig dafür sei auch, die Tarifbindung zu stärken, etwa durch politische Maßnahmen wie wirksame Tariftreuegesetze. Denn in Ostdeutschland liege die Tarifbindung nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) mit 41,7 Prozent deutlich unter Westdeutschland (50,0 Prozent).
Die Auswertung des WSI basiert den Angaben zufolge vor allem auf Zahlen des Statistischen Bundesamts. (epd)