Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ihr Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegen den britischen Rockmusiker Roger Waters zwei Jahre nach seinem Auftritt in der Stadt eingestellt. Das teilte ein Sprecher dem Tagesspiegel auf Anfrage mit.
Waters war bei seiner Bühnenshow im Mai 2023 in einem schwarzen Ledermantel aufgetreten, der an Nazi-Uniformen erinnerte. Auch ließ er einen Ballon in Schweineform aufsteigen, der unter anderem den Namen eines israelischen Rüstungskonzerns zeigte.
Es handele sich bei dem Auftritt des ehemals Beschuldigten um eine „in sich geschlossene Performance, die nur im Gesamten betrachtet werden“ könne, erklärte der Sprecher. Der Tatverdacht hat sich demnach nicht bestätigt: „Im Rahmen der Prüfung muss die Meinungs- und Kunstfreiheit nach Artikel fünf des Grundgesetzes einbezogen werden, welche hier überwog.“
Es gilt die Unschuldsvermutung.
Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft
Nach dem Volksverhetzungs-Paragraph 130 im Strafgesetzbuch (StGB) ist unter anderem strafbar, Nazi-Verbrechen zu verharmlosen oder die NS-Gewaltherrschaft zu verherrlichen.
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Waters habe sich im Rahmen seiner Bühnenshow „offenkundig einer an die Herrschaft der Nationalsozialisten angelehnten Ästhetik bedient“, erklärte der Sprecher. Dazu habe der Ledermantel mit einer rot-weißen Armbinde gehört, die Nutzung einer Banner-Beflaggung in entsprechenden Farben sowie der Auftritt von Soldaten in schwarzen Uniformen und Stahlhelmen.
Zudem handele es sich bei dem Schwein um ein antisemitisch besetztes Symbol: „Die Anspielung auf eine vermeintliche ,jüdische Weltverschwörung’ wird noch verstärkt, wenn damit auch Logos internationaler Großkonzerne verbunden werden.“
Entscheidend sei jedoch, dass der Auftritt in der Gesamtschau „nicht den Schluss zulässt, dass der ehemals Beschuldigte die nationalsozialistischen Gräueltaten verherrlichen oder relativieren oder sich mit der nationalsozialistischen Rassenideologie identifizieren würde“.
Die Bühnenshow lasse sich auch, wie Waters es zu seiner Verteidigung vorgetragen habe, als provokative Mahnung und Warnung vor gleich gelagerten Entwicklungen in verschiedenen Teilen der Welt interpretieren. „Es gilt die Unschuldsvermutung“, betonte der Sprecher.

© Screenshot TikTok
Zu den Ermittlungen war es durch Strafanzeigen nach dem Konzert gekommen, zudem gab es politischen Druck. „Er ist ganz klar ein Antisemit“, hatte Israels Botschafter Ron Prosor im Vorfeld des Konzerts über Waters gesagt. Der israelische UN-Botschafter Danny Danon nannte Waters „einen der größten Judenhasser unserer Zeit“.
Die Auftritte des Künstlers in Hamburg, Frankfurt und München blieben damals ohne strafrechtliche Folgen für Waters. Ermittelt wurde nur in Berlin. Offenbar hatte man die Darbietung dafür kleinteilig auseinandergenommen, der Staatsanwaltschaft lag nach eigenen Angaben „umfangreiches Material“ vor.
Die Behörde hatte das Berliner Landeskriminalamt mit der Konzert-Auswertung beauftragt. Zurück kamen ein Hauptband und drei Sonderbände, „um die komplexe Kontextbeurteilung vorzubereiten“.