Einer der Erpresser meldete sich per Telefon und stellte sich als „Ahmet von den Daltons“ vor. 250.000 Euro verlangte er, nannte es „Schutzzölle“, drohte mit Schüssen. Vier Stunden später gingen in zwei Filialen einer türkischen Supermarktkette Scheiben zu Bruch. Es war Alican C., der nach Ladenschluss im Eingangsbereich schoss. „Ich hatte mich dazu überreden lassen“, erklärte er vor dem Berliner Landgericht. Ihm seien 1000 Euro versprochen worden.
In den „Lucky Luke“-Comics sind die fiktiven Dalton-Brüder tollpatschige Ganoven mit immer scheiternden Gefängnisausbrüchen und Verbrechertouren. Vielleicht dachte der leitende Mitarbeiter einer Supermarkt-Filiale zuerst an diese Daltons, als er am 3. März dieses Jahres den ersten Anruf erhielt.
Doch es folgten Drohungen, die in Richtung der historischen Daltons gingen – einer echten Bande von Verbrechern aus der Zeit des Wilden Westens. Der Anrufer sagte laut Anklage, die Chefs sollten die Füße stillhalten, man würde keinen Spaß machen und die Läden sprengen.
Erpresser forderten 250.000 Euro
250.000 Euro wurden zunächst gefordert – man werde bei Nichtzahlung auf die Läden und dem Filialleiter in die Füße schießen. Um der Geldforderung Nachdruck zu verleihen, seien mehrere Täter in ein Auto gestiegen.
„Ich war in die Anrufe nicht eingeweiht“, so der Angeklagte. „Sie sagten, dass ich schießen soll, den Grund erfuhr ich nicht.“ Sie hätten ihn zuerst an einem Supermarkt in Spandau abgesetzt, ihm zuvor eine Waffe gegeben. „Ich habe gezittert“, sagte C.
Sechs Projektile durchschlugen Scheiben im Eingangsbereich. In der Filiale befanden sich noch vier Mitarbeiter, sie blieben unverletzt. Ein Schaden von knapp 4000 Euro entstand. Dann fuhren die Täter Richtung Wilmersdorf. 30 Minuten nach den ersten Schüssen stand C. in der Bundesallee mit einer Pistole vor einem Supermarkt. Erneut drückte er ab.
Parallel zu den Schüssen seien Drohungen per Sprachnachrichten erhöht worden. Erpresser hätten angekündigt, „dass die Läden morgen brennen werden“. Gezahlt wurde nicht. Die türkischen „Daltons“ meldeten sich erneut, sie erhöhten auf 500.000 Dollar, es habe Todesdrohungen gegeben. Bei Zahlung werde die Supermarktkette „wie Bruder und Schwester unter dem Schutz der Gruppe stehen“.
Ahmet D. wegen anderer Straftat vor Gericht
Die Polizei hatte die Gruppe inzwischen im Visier. Bei einem Verdächtigen standen Beamte am 20. März vor der Tür. Es wurde eine funktionstüchtige Handfeuerwaffe gefunden, auch Munition – rund 800 Stück im Keller, die in sieben Socken verpackt waren.
C. wurde am 16. April in einer Ferienwohnung in Duisburg festgenommen. Er war 2022 nach Deutschland gekommen, hatte Asyl beantragt, bekam einen Platz in einer Unterkunft in Wismar. Dort habe er einen Mann kennengelernt, der ihn zu der Gruppe gebracht habe, so der 20-Jährige.
„Was verbindet die Gruppe?“, fragte der Vorsitzende Richter. „Dass sie zu Unrecht Geld fordert“, sagte der Angeklagte. Mit dem 34-jährigen Ahmet D. kommt am Dienstag einer der mutmaßlichen Haupttäter im Fall der gescheiterten Erpressung wegen einer anderen Straftat vor Gericht: Es geht um Schüsse in die Beine eines 36-Jährigen in Spandau.