Brandenburgs AfD-Landesverband verzichtet auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Einstufung der Partei als „gesichert rechtsextrem“ durch den Brandenburger Verfassungsschutz. Wie der Landesvorsitzende René Springer am Donnerstag vor Journalisten sagte, habe der Landesvorstand der Partei in einem Umlaufverfahren beschlossen, den vor dem Verwaltungsgericht Potsdam gestellten Eilantrag zurückzuziehen. Die Klage im Hauptsacheverfahren setze man aber fort.
Hintergrund der Entscheidung des AfD-Landesvorstands ist der Streit um die Veröffentlichung des Hochstufungsvermerks des Verfassungsschutzes. Innenminister René Wilke (parteilos, für SPD) hatte im Landtag auf eine von der AfD vor dem Verwaltungsgericht Potsdam verlangte Stillhalteerklärung des Landes verwiesen. Demnach dürfe das Land die Partei bis zu einer Entscheidung im Eilverfahren nicht als „gesichert rechtsextrem“ bezeichnen. Deswegen könne das Ministerium den Einstufungsvermerk nicht veröffentlichen.
„Unsere Auffassung ist die, dass Wilke zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit gehabt hätte, den Einstufungsvermerk öffentlich zu machen“, sagte Springer. Der in den Gerichtsunterlagen vorhandene Einstufungsvermerk zeige, wie dilettantisch der Verfassungsschutz arbeite.
Partei will Veröffentlichung des Einstufungsvermerks
Als Beleg zitierte Springer mehrere Äußerungen, die in der Einstufung angeblich vorkämen – etwa ein Zitat von Fraktionschef Hans-Christoph Berndt, der von „stündlichen Messerattacken, täglichen Gruppenvergewaltigungen und immer mehr Mordanschlägen“ gesprochen haben soll. „Wenn die Wahrheit rechtsextrem ist, dann sind nicht wir das Problem, dann ist die Regierung das Problem“, sagte Springer. „Wir fordern den Innenminister auf, den Einstufungsvermerk öffentlich zu machen, um dem mündigen Bürger eine Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Urteil zu bilden.“

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Laut einer im Juni veröffentlichten Antwort des Potsdamer Innenministeriums auf eine kleine Anfrage der SPD wurden in Brandenburg insgesamt 793 Messerattacken in der Polizeilichen Kriminalstatistik registriert. Vergewaltigungen mit mehr als einem Tatverdächtigen gab es demnach 31.
Dass die AfD bis zu einer Gerichtsentscheidung als „gesichert rechtsextrem“ bezeichnet werden könnte, ist für die Partei dagegen scheinbar zweitrangig. Fraktionschef Hans-Christoph Berndt nannte den „zusätzlichen Rufschaden“ gering. „Der Begriff Rechtsextremismus ist so oft wiedergekäut worden, dass davon kein Schaden ausgeht“, sagte Springer. „Wir werden alles dafür tun, um die Öffentlichkeit zu überzeugen, dass das ein Fehlurteil ist – uns ist bewusst, dass wir dafür einen sehr hohen Preis zahlen.“
AfD plant Normenkontrollklage
Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion, Dennis Hohloch, kündigte zudem eine Normenkontrollklage gegen die Bildung der parlamentarischen Kontrollkommission im Landtag an: In dem Gremium ist die AfD nicht vertreten, nachdem sich der Landtag auf eine lediglich dreiköpfige Kommission geeinigt und statt eines AfD-Abgeordneten einen CDU-Vertreter als Vertreter der Opposition gewählt hatte.
Eine Sprecherin des Brandenburger Innenministeriums sagte am Donnerstag, man wisse nicht, ob die AfD den Eilantrag bereits zurückgezogen habe. „Solange das einstweilige Rechtsschutzverfahren nicht beendet ist und die Stillhaltezusage damit weiterhin gültig ist, kann eine Veröffentlichung des Einstufungsvermerks nicht erfolgen.“ Das Ministerium sei aber weiter darin interessiert, den Einstufungsvermerk der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und bereite sich entsprechend darauf vor.
„Der Rückzug des Eilantrags durch die AfD ist konsequent“, sagte indes der Parlamentarische Geschäftsführer des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), Falk Peschel. „Jetzt kann der Bericht des Verfassungsschutzes veröffentlicht werden – Transparenz ist das Fundament jeder ernsthaften, demokratischen Debatte.“ Für das BSW sei immer klar gewesen: „Wir müssen die AfD nicht juristisch bekämpfen, sondern die offene, inhaltliche Auseinandersetzung auch im Parlament ist der Weg, um die AfD zu stellen.“
Auch die BSW-Landesvorsitzende Friederike Benda wandte sich gegen ein AfD-Verbot, übte aber zugleich heftige Kritik an der AfD: „Die AfD macht Politik für Trump und US-Milliardäre, nicht für die Menschen in Brandenburg und Deutschland“, sagte Benda. Sie fordere eine massive Aufrüstung im Interesse amerikanischer Rüstungskonzerne. „Wer deutsche Interessen so leichtfertig ausverkauft, ist keine Alternative für unser Land: Die AfD ist genauso ein US-Vasall wie Friedrich Merz.“