Das aus Sicht vieler Experten mangelnde Reformtempo der Bundesregierung löst laut Industriepräsident Peter Leibinger zunehmend Wut in der Wirtschaft aus. Die Stimmung in den Unternehmen sei „extrem negativ, teils regelrecht aggressiv“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.

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„Beim Start der Regierung im Mai war die Lage der Wirtschaft kritisch, die Stimmung aber hoffnungsvoll“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Die Bundesregierung sei gut gestartet, habe allerdings im Laufe des Sommers etwas den Faden verloren.
„Jetzt sind die Probleme immer noch da, viele in den Unternehmen sind aber so maßlos enttäuscht, wie ich es noch nie erlebt habe“, sagte Leibinger. „Wir stecken in der schwersten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik: längste Rezession, Produktionsschwund seit 2018, geringes Produktivitätswachstum, Letzter im Wachstum unter den großen Volkswirtschaften. Unser Gesellschaftsmodell droht uns zwischen den Fingern zu zerrinnen.“
Die Regierung müsste den Menschen besser das Gefühl vermitteln, dass es in die richtige Richtung geht.
Peter Leibinger, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI)
Leibinger räumte ein, dass die Erwartungen der Wirtschaft an Union und SPD teilweise überzogen gewesen seien. „Aber: Die Regierung müsste den Menschen besser das Gefühl vermitteln, dass es in die richtige Richtung geht.“
Lesermeinungen zum Artikel
„Es gibt gewiss einiges, was an der Regierungspolitik zu kritisieren ist. Was mich jedoch an vielen Arbeitgebersprechern stört, ist deren Verhalten, stets von anderen Handlungen zu fordern, selbst aber wenig zu unternehmen.
Noch nie habe ich von einem proaktiven Angebot der Arbeitgeberseite zur Beseitigung der Bürokratie gehört. Man beklagt die Bürokratie und fordert deren Beseitigung - nur das. Das Problem der Wirtschaft ist (auch): Sie glauben, dass die Union als Erfüllungsgehilfe der Wirtschaft ganz selbstverständlich das umzusetzen hat, was die Wirtschaft haben will.
Seien es ‘fertige’ Fachkräfte, die bestellt werden, sei es die mühelose ‘Abnahme’, wenn diese nicht mehr benötigt werden. Diese alte Symbiose zwischen Arbeitgebern und Union gibt es nicht mehr. Die Arbeitgeberseite muss ihrerseits ins Handeln kommen und selbst liefern - etwa beim Bürokratieabbau, wenn etwas passieren soll.
Immer nur klagen und fordern - das ist passé.“
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Sorgen bereiten dem BDI-Chef die Attacken chinesischer Unternehmen auf deutsche Vorzeigebranchen wie die Auto- und Chemieindustrie sowie Maschinenbau. „Unser industrieller Kern ist in der Tat in Gefahr, weil China unser Geschäftsmodell nachbaut, dabei aber günstiger und vor allem viel schneller ist als wir“, sagte Leibinger.
„Bürokratie, geringe Arbeitszeiten, mangelnde Flexibilität – das sind alles Dinge, die uns Geschwindigkeit kosten. Mit Zöllen und weniger offenen Weltmärkten werden wir fertig. Unser Kernproblem ist die Geschwindigkeit. Wir sind schlicht viel zu langsam.“
Das deutsche Geschäftsmodell sei aber nicht am Ende, sagte Leibinger. „Wir sind unverändert Weltmeister in der Herstellung komplexer Produkte mit Technologiefokus – Komponenten, Subsysteme, Maschinen, Anlagen und andere Güter, die tiefes Wissen benötigen. Diese hochtechnischen Produkte wird die Welt weiter brauchen.“
Die Politik verhake sich zu oft in Einzeldebatten, etwa über das Heizungsgesetz oder die Erhöhung der Pendlerpauschale. „Die Pendlerpauschale entscheidet aber nicht über die Rettung des Standorts.“ (dpa)