Im Fußball empfiehlt sich gelegentlich ein Blick über den eigenen Gartenzaun hinaus. Für Hertha BSC zum Beispiel ein Blick auf Hannover 96.
Herthas Trainer Stefan Leitl hat bis Weihnachten für 96 gearbeitet, ehe er dort etwas überraschend entlassen wurde. Überraschend, weil die Mannschaft sich nach der Hinrunde als Tabellensiebter im Dunstkreis der Aufstiegsplätze befand. Nur einen Punkt lag sie hinter dem Relegationsrang, zwei Punkte waren es auf Platz zwei.
Das Abschneiden seines Ex-Klubs verfolge er nach wie vor, sagt Leitl, schließlich habe er mit einem Großteil der Spieler zweieinhalb Jahre zusammengearbeitet. „Deswegen sind beide Daumen weiterhin gedrückt.“
Am letzten Spieltag der Saison trifft Leitl mit seiner aktuellen auf seine ehemalige Mannschaft. Diese Konstellation hat bei seinem Amtsantritt in Berlin rege Spekulationen ausgelöst: Während die einen fürchteten, dass die Hannoveraner ihren Ex-Trainer womöglich in die Dritte Liga schießen würden, unkten die anderen, dass Leitl seinem früheren Klub den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga versauen könnte.
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Hertha-Juwel Maza vor Unterschrift bei Leverkusen
Offensivtalent Ibrahim Maza von Fußball-Zweitligist Hertha BSC soll kurz vor einem Wechsel zu Meister und Pokalsieger Bayer Leverkusen stehen. Der 19-Jährige werde nach dem Spiel der Berliner am Freitag gegen Magdeburg den Vertrag bei den Rheinländern unterschreiben, berichtet die „Bild“-Zeitung. Der Wechsel solle dann zeitnah verkündet werden.
In Leverkusen würde Maza Champions League spielen und könnte langfristig zum Nachfolger von Nationalspieler Florian Wirtz werden, der immer wieder mit einem Wechsel in Verbindung gebracht wird.
Maza hat in Berlin noch einen Vertrag bis 2027. Da der finanziell angeschlagene Hauptstadt-Club auf hohe Transfereinnahmen angewiesen ist, galt ein vorzeitiger Abgang der Nachwuchshoffnung schon länger als sicher. (dpa)
Zwei Monate später sind beide Szenarien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Hannover wird in dieser Saison nicht mehr aufsteigen, Hertha nicht mehr absteigen. Und beides hat offensichtlich etwas mit Stefan Leitl zu tun.
Wir werden ein bisschen leiden müssen im Spiel gegen den Ball.
Herthas Trainer Stefan Leitl über das Duell gegen den Tabellendritten Magdeburg
Unter seinem Nachfolger André Breitenreiter, der am Donnerstag wegen anhaltender Erfolglosigkeit entlassen worden ist, ist Hannover 96 auf Platz zehn abgerutscht. Aus einem Punkt Rückstand auf Rang drei sind inzwischen sechs geworden, aus zwei Punkten Rückstand auf Platz zwei sogar zehn. Hertha wiederum kann mit einem Sieg im Heimspiel am Freitagabend gegen den 1. FC Magdeburg (18.30 Uhr, Sky) auch die letzten, ohnehin nur noch theoretischen Zweifel am Klassenverbleib beseitigen.
Die Aufgabe ist für die Berliner, die schlechteste Heimmannschaft der Liga, durchaus anspruchsvoll. Der FCM ist das beste Auswärtsteam und belegt aktuell den Relegationsplatz. „Wir werden ein bisschen leiden müssen im Spiel gegen den Ball“, fürchtet Stefan Leitl. Aber: „Ich glaube, dass Magdeburg auch Respekt vor uns und unserem Spiel hat.“
Diesen Respekt haben sich die Berliner in den vergangenen Wochen tatsächlich verdient. Seit fünf Spielen sind sie ungeschlagen, länger als jedes andere Team der Liga. „Wir haben Selbstvertrauen, die Abläufe passen immer besser“, sagt Leitl über den sportlichen Aufschwung, der sich längst auch in den Ergebnissen niederschlägt.
Leitl versucht, die Dinge einfach zu halten
In der sogenannten Formtabelle der jüngsten fünf Spiele liegt Hertha auf Platz eins. Und berücksichtigt man nur die acht Begegnungen mit Leitl als Trainer, dann wäre die Mannschaft punktgleich mit den beiden mutmaßlichen direkten Aufsteigern 1. FC Köln und Hamburger SV Tabellenzweiter. „Mit so was beschäftige ich mich nicht“, sagt Leitl selbst. Sein alleiniger Fokus gilt dem Klassenerhalt.
Die Konzentration auf das Wesentliche ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der Mannschaft. Anders als seinem Vorgänger Cristian Fiél geht es Leitl nicht um anspruchsvollen Fußball; für ihn zählt nur, was am Ende für das Team herausspringt. Mit Fiéls ballbesitzorientiertem Ansatz war Hertha viel zu anfällig für individuelle Fehler. Leitl hingegen versucht, die Dinge einfach zu halten. Das hilft der Mannschaft.
Zur ganzen Wahrheit gehört natürlich auch, dass Herthas Trainer auf einen Spieler zurückgreifen kann, der seinem Vorgänger monatelang nicht zur Verfügung stand. „Man kann nicht verhehlen, dass wir mit Fabian Reese jemanden zurückbekommen haben, der Spiele entscheidet“, sagt Herthas Sportdirektor Benjamin Weber.

© IMAGO/Steinsiek.ch/IMAGO/Arne Amberg
Von den fünfzehn Toren, die die Berliner seit dem Trainerwechsel erzielt haben, gehen acht auf Reeses Konto. „Er ist mit Abstand der beste Spieler in der Liga“, sagt Herthas Offensivspieler Florian Niederlechner.
Leitls Verdienst ist es, dass er Reese auf eine Position versetzt hat, auf der er für die Mannschaft noch wichtiger ist. Er spielt nicht mehr auf der linken Außenbahn, sondern ist jetzt einer von zwei zentralen Stürmern und kommt dadurch häufiger zum Abschluss. Leitl hat damit das Problem umschifft, dass sein Kader über keinen klassischen Mittelstürmer verfügt, wie es in der vorigen Saison Haris Tabakovic war.
Auch die Systemumstellung auf ein 3-5-2 mit Toni Leistner als zentralem Verteidiger der Dreierkette hatte einen positiven Effekt. „Wir haben eine defensive Stabilität“, sagt Fabian Reese. In den sechseinhalb Spielen mit der neuen Grundordnung hat Hertha nur sieben Gegentore kassiert, im Schnitt 1,07 pro Spiel. Unter Fiél waren es noch 1,64.
Weniger Risiko, dafür, wie Sportdirektor Weber sagt, mehr „Gier und Geschlossenheit“: Das ist Hertha unter Stefan Leitl. So wie am Osterwochenende, als die Berliner zur Pause 0:1 beim SSV Ulm zurücklagen. Die Mannschaft stemmte sich gegen die Niederlage, ging durch zwei Tore von Fabian Reese 2:1 in Führung und konterte den prompten Ausgleich der Ulmer kurz vor Schluss durch einen Treffer von Florian Niederlechner zum 3:2-Endstand. „Das ist eine neu dazugewonnene Qualität von uns“, sagte Reese.
Es ist noch nicht lange her, da fehlte es Hertha an genau dieser Widerstandskraft. Die Mannschaft schien ungebremst dem nächsten Abstieg entgegenzutaumeln. Inzwischen aber sieht die Welt ganz anders aus. Der Trainerwechsel hat sich definitiv ausgezahlt. Sportdirektor Weber sagt über das Wirken des neuen Trainerteams: „Da wurde großartige Arbeit geleistet.“