Die Frage, wie die Sozialsysteme abgesichert werden können, ist eine der größten Herausforderungen für die schwarz-rote Bundesregierung von Kanzler Friedrich Merz (CDU). Im Fall der Rente hat die Koalition aus CDU/CSU und SPD eine Kommission eingesetzt, die ab 2026 Reformpläne erarbeiten soll.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages — morgens direkt in Ihr E-Mail-Postfach.
Der Vorsitzende der Jungen Gruppe der Unionsfraktion im Bundestag, Pascal Reddig (CDU), hat nun einen grundlegenden Umbau des deutschen Rentensystems mit einem späteren Renteneintrittsalter und geringeren Steigerungen gefordert.
Wir müssen dafür sorgen, dass die Rente mit 63 in ihrer heutigen Form faktisch abgeschafft wird.
Pascal Reddig, Vorsitzender der Jungen Gruppe der Unionsfraktion im Bundestag (CDU)
„Eine Rentenkommission dieser Bundesregierung sollte nicht nur schnell Vorschläge vorlegen, sie sollten diesmal auch umgesetzt werden. Und dazu gehört auch, dass wir uns darauf einstellen müssen, länger zu arbeiten und uns von einigen nicht unbedingt erforderlichen, aber teuren Vorzügen unseres Rentensystems zu verabschieden“, so der 30-jährige Reddig.
Nötig sei eine Reform, „die die Lasten fairer auf alle Schultern verteilt, statt die jüngere Generation einseitig zu benachteiligen, wie es derzeit der Fall ist“, sagte der Bundestagsabgeordnete am Sonntag der „Welt“. Der Jungen Gruppe gehören alle CDU/CSU-Abgeordneten an, die zu Beginn einer Legislaturperiode jünger als 35 Jahre sind.
Pension der Beamten
Wissenschaftler des Pestel-Instituts haben gerade den Vorschlag gemacht, dass Beamte künftig fünfeinhalb Jahre länger arbeiten sollten als Arbeiter, weil sie im Schnitt so viel länger leben. Dies berichtete der „Spiegel“ unter Berufung auf eine Untersuchung von Wissenschaftlern, die die unterschiedliche Lebenserwartung bei der Frage nach einem gerechteren Rentensystem einbezieht. (lem)
„Die Rente mit 70 ist eine mögliche Lösung, das sagen viele Ökonomen und Rentenexperten“, sagte Reddig. Klar sei, dass dafür eine gesellschaftliche Mehrheit und eine Einigung zwischen den Koalitionspartnern nötig sei.
„Ein Kompromiss wäre daher, das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung zu knüpfen“, schlug der CDU-Politiker vor. So könne es eine „sukzessive Erhöhung des Renteneintrittsalters“ geben. „Die Dauer des Rentenbezugs ist im Durchschnitt stark gestiegen. Das ist für die Rentenversicherung sehr teuer.“
Reddig forderte außerdem, Frühverrentungen unattraktiver zu machen und die Rente mit 63 weitgehend abzuschaffen: „Ich meine das ganz ausdrücklich nicht mit Blick auf die Dachdecker und Krankenpfleger, die gerne genannt werden, wenn es darum geht, dass ein späteres Renteneintrittsalter nicht möglich ist“, sagte der Abgeordnete.
Es gehe um jene, die länger arbeiten könnten. „In diesen Fällen muss es deutlich höhere Rentenabschläge bei Frührenten geben. Wir müssen dafür sorgen, dass die Rente mit 63 in ihrer heutigen Form faktisch abgeschafft wird.“
Außerdem sollten die Renten nach Ansicht des CDU-Abgeordneten künftig geringer steigen, das System der Rentenanpassungen müsse umfassend reformiert werden. Die Steigerungen der Bestandsrenten sollten in Zukunft nicht mehr an die Lohnentwicklung gekoppelt werden, sondern an die Inflation.
„Das wäre fairer und würde Kosten sparen“, sagte Reddig. „Massive Rentensteigerungen, wie wir sie zum Teil in der Vergangenheit erlebt haben, werden in den kommenden Jahren nicht mehr möglich sein, wenn wir nicht wollen, dass das Rentensystem insgesamt kollabiert.“
Aktuellen Zahlen zufolge erhielten 2024 rund 22,3 Millionen Menschen in Deutschland Leistungen aus der gesetzlichen, privaten oder betrieblichen Rente. Das waren 0,75 Prozent mehr als im Vorjahr. Ausgezahlt wurden den Angaben zufolge insgesamt rund 403 Milliarden Euro, das waren 5,7 Prozent mehr als im Vorjahr.

© dpa/Boris Roessler
Mit Blick auf die Rente hat das Bundeskabinett zwei Schritte bereits auf den Weg gebracht. Das Rentenniveau soll bis 2031 bei 48 Prozent gesichert und die Mütterrenten für Eltern von vor 1992 geborenen Kindern verbessert werden. Beides soll mit Milliardenbeträgen aus dem Bundeshaushalt finanziert werden.
Zuletzt hatte der Ökonom Marcel Fratzscher einen „neuen Generationenvertrag“ gefordert. Dazu solle auch ein „verpflichtendes soziales Jahr“ für Rentner gehören, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im Gespräch mit dem „Spiegel“. Seine Aussagen waren auf heftigen Widerspruch gestoßen.
Auch der Wirtschaftsweise Martin Werding plädierte zuvor angesichts stark steigender Sozialabgaben für eine bessere Austarierung der Sozialversicherungen. Derzeit erinnere das System „eher an einen Knebelvertrag“ für jüngere Generationen, so der Ökonom.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hatte die Politik ebenfalls mehrfach aufgefordert, die Menschen darauf vorzubereiten, dass in den Sozialsystemen massive Einschnitte nötig sein werden.