Das Land Berlin will an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren ohne Offizielle aus dem Ausland erinnern. „Der Senat von Berlin lädt zu den Veranstaltungen im Rahmen der Gedenkwoche um den 8. Mai keine offiziellen Vertreter anderer Staaten ein“, sagte Senatssprecherin Christine Richter auf Anfrage.
„Der Senat erwartet, dass offizielle Vertreter von Russland und Belarus an keinen Gedenkformaten teilnehmen, zu denen sie nicht eingeladen wurden“, fuhr sie fort. „Wir gehen davon aus, dass offizielle Vertreter anderer Staaten die Entscheidung des Landes Berlin respektieren und sich daher die Frage des Hausrechts nicht stellen wird.“
Die russische Botschaft in Berlin pocht auf eine Teilnahme bei den Gedenkveranstaltungen. „Der 80. Jahrestag des Sieges über den Nazismus ist ein heiliger Tag für alle Völker der ehemaligen Sowjetunion“, hieß es in einer Erklärung der Botschaft auf Anfrage. Sie brauche keine besondere Einladung, „um an öffentlich zugänglichen Orten das Andenken an die sowjetischen Befreier und die Opfer des Nazismus zu ehren und den Tag des Sieges feierlich zu begehen“.
An den Sowjetischen Ehrenmalen in Tiergarten und im Treptower Park hatte Russlands Botschafter auch in den Vorjahren der bei der Befreiung Berlins gefallenen Soldaten der Roten Armee gedacht und Kränze niedergelegt.
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Auswärtiges Amt empfiehlt Ausschluss Russlands
Vor dem Hintergrund des anhaltenden russischen Angriffskriegs in der Ukraine wird in Deutschland seit geraumer Zeit darüber diskutiert, wie man bei Veranstaltungen zum Kriegsende mit einer möglichen Teilnahme von Vertretern Russlands umgeht.
Das Auswärtige Amt hatte in einer Handreichung an Länder, Kommunen und Gedenkstätten des Bundes davon abgeraten, offizielle russische Vertreter zuzulassen. Begründet wurde das mit der Befürchtung, dass Russland diese Veranstaltungen „instrumentalisieren und mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine missbräuchlich in Verbindung bringen“ könnte.
Russischer Botschafter auf Seelower Höhen
Vergangene Woche hatte die Teilnahme des russischen Botschafters Sergej Netschajew an einer Gedenkveranstaltung auf den Seelower Höhen östlich von Berlin für Aufsehen gesorgt. Dort hatte vor 80 Jahren eine Schlacht mit Zehntausenden Toten stattgefunden, ehe der Kampf um Berlin begann. In der Roten Armee dienten Angehörige vieler Volksgruppen aus allen Teilrepubliken der damaligen Sowjetunion, neben Russen unter anderem Ukrainer, Kasachen oder Georgier.
An diesem Freitag will der russische Botschafter an einer weiteren Gedenkveranstaltung im sächsischen Torgau teilnehmen. Dort wird an das Aufeinandertreffen US-amerikanischer und sowjetischer Soldaten an der Elbe am 25. April 1945 erinnert. Der Botschafter werde „der Einladung der Stadt Torgau Folge leisten und an den geplanten Veranstaltungen teilnehmen“, teilte ein Sprecher der russischen Botschaft in Berlin der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. Nach Angaben der Stadt Torgau wurden die Auslandsvertretungen mehrerer Länder – darunter Russland – zwar nicht explizit eingeladen, aber über die öffentliche Veranstaltung informiert.
Gedenkwoche in Berlin geplant
Das Land Berlin plant zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus eine ganz Reihe von Veranstaltungen vom 2. bis 11. Mai. Dazu gehören eine Open-Air-Ausstellung „Endlich Frieden?!“ am Brandenburger Tor ab 2. Mai ebenso wie eine offizielle Gedenkstunde im Roten Rathaus am 7. Mai.
Am 8. Mai selbst, der in Berlin einmalig als gesetzlicher Feiertag begangen wird, ist eine nicht öffentliche Kranzniederlegung am sowjetischen Ehrenmal in der Schönholzer Heide im Bezirk Pankow geplant. Bei einer vom Bund organisierten Gedenkveranstaltung im Bundestag spricht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Andere Form des Gedenkens seit 2022
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022 legt der Berliner Senat keine Kränze mehr am weit bekannteren sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park nieder. 2022 hatten letztmalig Senatsvertreter einen Kranz am dritten sowjetischen Ehrenmal in Berlin im Tiergarten niedergelegt – seinerzeit auf Einladung der Botschaft der Ukraine.
In den vergangenen Jahren hatten russische Vertreter mit Botschafter Netschajew an den Ehrenmalen Treptow und Tiergarten Kränze niedergelegt. Dies geschah am 9. Mai, der in Russland als Tag des Sieges über Nazideutschland gefeiert wird.
Das sogenannte Hausrecht für die Ehrenmale hat die Senatsverwaltung für Umwelt. „Angesichts der aktuellen Kriegshandlungen gegen die Ukraine erwarten wir, insbesondere in Respekt vor den Opfern, dass offizielle Vertreter von Russland und Belarus gerade an diesen bedeutenden Gedenkstätten von offiziellen Auftritten absehen“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage der „B.Z.“.
„Ganz ohne Frage respektieren wir das stille Gedenken an die Gefallenen und Kriegsopfer des Zweiten Weltkriegs“, heißt es in dem Statement, das auch der dpa vorliegt, weiter. „Selbstverständlich ist die Ablage von Blumen, Kränzen und Gebinden für alle, die die Würde der Kriegsgräberstätten wahren, möglich.“ Heißt: Auch der Botschafter kann einen Kranz niederlegen, wenn er daraus keine offizielle Veranstaltung etwa mit Redebeiträgen macht.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gedenkt laut Senatskanzlei seit 2023 gemeinsam mit dem ukrainischen Botschafter an der Neuen Wache der Kriegsopfer, wenn dies von ukrainischer Seite gewünscht ist. Ob dieses Gedenken in diesem Jahr stattfindet, ist den Angaben zufolge offen. (Tsp, dpa)