Mit angeschlagener Stimme versuchte sich Niko Kovac, der Trainer von Borussia Dortmund, an einer Erklärung für den Einbruch seiner Mannschaft am Millerntor. Seine Beschwerden hingen nach eigenen Angaben aber nicht nur mit dem spät verspielten Sieg beim FC St. Pauli zusammen, sondern auch mit Nasen-Nebenhöhlen-Problemen.
Nicht nur der Trainer wirkte angeschlagen, sondern der ganze BVB. „Als Topmannschaft darfst du so ein Spiel trotz einer dürftigen Leistung nicht unentschieden spielen“, stellte Kovac klar. Das 3:3 (1:0) zum Auftakt der neuen Saison in der Fußball-Bundesliga sei „mehr als verdient“ gewesen für St. Pauli.
Der Auftritt sorgte für Stirnrunzeln bei vielen Anhängern des Klubs. Zudem legte die schwache Schlussphase samt spielentscheidender Roter Karte für den jungen Filippo Mané schonungslos offen, dass der personell durch die Verletzungen von Emre Can, Nico Schlotterbeck und Niklas Süle angeschlagene Kader dringend Verstärkungen vor der am 1. September endenden Transferphase benötigt.
Chukwuemeka und Anselmino sollen kommen
„Wir sind im Markt drin. Und wir versuchen dort, das Beste für uns herauszuholen“, sagte Kovac im Sportstudio des ZDF. Zuletzt hatte die sportliche Führung um Lars Ricken und Sebastian Kehl Kritik einstecken müssen für das zurückhaltende Agieren auf dem Transfermarkt. Nach dem schmeichelhaften 1:0 gegen Rot-Weiss Essen in der ersten Runde des DFB-Pokals kündigte Kehl an, „dass wir noch was tun werden“.
Drei Spieler sollen laut übereinstimmenden Medienberichte kommen; darunter der in der vergangenen Saison ausgeliehene Mittelfeldspieler Carney Chukwuemeka und der Innenverteidiger Aaron Anselmino vom FC Chelsea. Laut Sky hat der BVB mit dem englischen Klub eine Einigung erzielt. Beide sollten noch am Sonntag Richtung Dortmund fliegen.
Der gebürtige Österreicher Chukwuemeka mit englischer Staatsbürgerschaft soll fest verpflichtet, der Argentinier Anselmino ausgeliehen werden. Außerdem steht der portugiesische Angreifer Fábio Silva vom englischen Premier-League-Club Wolverhampton Wanderers offenbar im Fokus des BVB.
Kovac musste am Hamburger Millerntor ansehen, wie sein ausgedünnter Kader auch grundlegende Tugenden wie bissiges Zweikampfverhalten vermissen ließ und in der Schlussphase einen scheinbar komfortablen Zwei-Punkte-Vorsprung noch verspielte. „Wir haben diesen Kampf, den es hier auf Sankt Pauli gibt, nicht angenommen in der Form, wie ich mir das vorstelle“, klagte er.
Den Borussen mangelte es zudem an Kreativität gegen tief stehende Hamburger. Der eingewechselte Routinier Julian Brandt, der das 3:1 nach herrlicher Ballannahme erzielte, kritisierte den zu geringen Ballbesitz und einen Mangel an schnellen Pässen: „Das war mir ein bisschen zu wenig. Ich finde, wir haben uns sehr, sehr schnell dafür entschieden, lange Bällen zu spielen. Und ich bin der Meinung, dass das nicht unser Spiel ist.“
Dem BVB mangelte es an Kreativität
Die Partie, in der Serhou Guirassy und Waldemar Anton die ersten beiden Treffer für den BVB erzielten, wurde durch die Rote Karte für den jungen Filippo Mané in der 85. Minute maßgeblich beeinflusst.
Der Innenverteidiger hielt Abdoulie Ceesay in seinem ersten Bundesliga-Spiel zu doll fest im Strafraum. Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck entschied nach Intervention des Videoschiedsrichters auf Strafstoß. Kurz darauf folgten die beiden Gegentreffer.
„Er hat zu lange gehalten, und an diesem Elfmeter gibt es nichts zu rütteln, das war ein klarer Elfmeter“, sagte Kovac. „Da muss er vielleicht cleverer sein, ganz klar“, klagte Torwart Gregor Kobel. Der Platzverweis sei der Bruch im Spiel gewesen. „Bis dahin haben wir es eigentlich trotzdem relativ gut verteidigt“, sagte er.
Gleichzeitig nahm der Schweizer seinen jungen Mitspieler in Schutz. „Der Junge macht eins seiner ersten Spiele. Die Atmosphäre hier ist natürlich auch nicht einfach“, kommentierte er. „Wir haben auch sonst in vielen Bereichen Luft nach oben gehabt“, bemängelte Kobel. Insgesamt bezeichnete der Führungsspieler den Auftritt als „super enttäuschend“ und „super ärgerlich“. (dpa)