In der Nacht auf Donnerstag hat das russische Militär Wohnhäuser in Kiew mit Raketen und Drohnen angegriffen. Mindestens zwölf Menschen starben, mehr als 90 seien verletzt worden, teilte die ukrainische Militärverwaltung mit.
All das geschah auf Geheiß Wladimir Putins, während Donald Trump in Washington verkündete, er habe „einen Deal mit Russland“. Es gelte nun, eine Vereinbarung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu treffen, befand Trump: „Ich dachte, es wäre einfacher, mit Selenskyj zu verhandeln.“
Wenige Stunden zuvor schimpfte der US-Präsident noch, Selenskyjs Weigerung, die Besetzung der Krim durch die Russen zu akzeptieren, sei „sehr schädlich für die Friedensverhandlungen“.
Nun könnte man polemisch fragen, wann Trump endlich bereit ist, Alaska (bis 1867 russisch) Putin zu schenken. Man kann auch mutmaßen, dass der mediokre Immobilienkaufmann Trump einfach nur ins Geschäft mit Bodenschätzen und Atomkraftwerken in der Ukraine einsteigen will.

Daniel Friedrich Sturm leitet das Tagesspiegel-Hauptstadtbüro und gehört der erweiterten Chefredaktion an. Er sagt: Deutschland und Europa müssen sich endlich für Putins Beutezug wappnen.
Oder man kann nüchtern daran erinnern, dass die Regierung eines gewissen Donald Trump 2018 Putin aufforderte, sich von der Krim zurückzuziehen. Das alles aber wird den Möchtegern-Autokraten im Weißen Haus nicht davon abhalten, dem von ihm bewunderten russischen Machthaber auf den Leim zu gehen.
Europa muss sich wappnen
Viel wichtiger wäre es, wenn Deutschland, wenn Europa sich endlich für Putins Beutezug wappnet. Alles übertrieben? Alles Panikmache? Die Beschwichtiger täten gut daran, genau zu hören, was Dimitri Medwedew von sich gibt oder Putins Propaganda-Moderator Wladimir Solowjow.
Wenn Deutschland etwa Flugabwehrwaffen gegen russische Bomben ankündigt, tobt Solowjow im russischen Staatsfernsehen zu Aufnahmen zerstörter ukrainischer Städte: „Begreift Ihr (Deutschen), dass die deutschen Städte genau so aussehen werden! Aber mit den Deutschen werden wir viel härter umgehen. Wir werden einfach alles abräumen!“
Kiesewetter: Mit Ukrainer-Ausbildung am Taurus beginnen
Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter hat den Parteichef und möglichen künftigen Kanzler Friedrich Merz aufgefordert, Deutschland an die Spitze einer Koalition der Willigen zu stellen, die die Sicherheit der Ukraine und Europas gewährleistet. Dazu sei als politisches Signal nötig, dass mit der Ausbildung von Ukrainern am deutschen Marschflugkörper Taurus begonnen werde, damit dieser gegebenenfalls auch geliefert werden könne, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“.
Er führte weiter aus: „Diese Koalition der Willigen könnte die Luftverteidigung über der Westukraine übernehmen, so dass die Ukraine Kräfte frei hat. Und ich hoffe, dass sich die Bundesregierung dem nicht verweigert.“
US-Präsident Donald Trump sprach am Mittwoch im Zusammenhang mit den Verhandlungen über ein Ende des russischen Angriffskriegs von einem greifbar nahen „Deal“ mit Moskau. Gleichzeitig warf er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mangelnde Kooperation vor, weil dieser etwa einen Verzicht auf die von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim ablehnt. (dpa)
Wie will sich Deutschland wappnen, für den Ernstfall? Der Koalitionsvertrag gibt nur unzureichend Antworten. CDU, CSU und SPD machen es sich bei den Bedrohungen durch Autokraten wie Putin, Trump und Xi zu einfach. Dass SPD-Chef Lars Klingbeil beim Versuch, die Bundeswehr attraktiver zu machen, auf die Möglichkeit des Führerschein-Erwerbs bei der Truppe verweist, offenbart eine frappierende Hilflosigkeit.
Der Verzicht, die Wehrpflicht wieder einzuführen, könnte Schwarz-Rot dabei schnell einholen. Die Union plädierte in den Koalitionsverhandlungen für eine Rückkehr zur Wehrpflicht, musste sich aber den zaudernden Sozialdemokraten beugen. Dabei wird es nicht bleiben. Die SPD sollte sich an ihr eigenes Abstimmungsverhalten erinnern. Im Jahr 2011 votierte die SPD gegen die Aussetzung der Wehrpflicht.
203.000 Soldaten für 84 Millionen Einwohner?
Wie bitte will die SPD die Bundeswehr, die derzeit knapp 183.000 Soldatinnen und Soldaten zählt, angemessen wachsen lassen? Die schon 2020 festgelegte Zielzahl von 203.000 Soldaten wirkt für Europas größte Wirtschaftskraft mit 84 Millionen Einwohnern lange schon zu knapp bemessen.
„Deutlich und stringent“ will Schwarz-Rot die Ausgaben für Verteidigung steigern. Die großzügige Ausnahme von der Schuldenbremse ist vertretbar. Doch wie wird die SPD reagieren, wenn die Nato im Juni definieren wird, was sie genau will, was ihre Anforderungen an Deutschland sind?
Wird dann SPD-Generalsekretär Matthias Miersch wieder vor einer „Eskalation“ warnen? Als neulich erneut die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus debattiert wurde, warnte Miersch Deutschland (und nicht etwa Russland) vor ebendieser.
Wer solche Hohlformeln hört, zweifelt an der Bereitschaft der Bundesregierung, wehrhaft die Freiheit zu verteidigen. Die Generation, die auf dem Bonner Hofgarten demonstrierte, wirkt nach. Deutsche Träumereien à la Rolf Mützenich, der naive Umgang mit Despoten, prägen das Land.
Vielleicht sollte Deutschland heute endlich auf Esten, Litauer, Letten und Polen hören. Polen übrigens strebt längst eine Armee mit 300.000 Mann an, und will fünf Prozent der Wirtschaftskraft in seine Verteidigung investieren. Etwas polnischer Realismus täte Deutschland gut.