Sunday, Dec 14, 2025
  • sport
  • politik
  • wirtschaft
  • gesellschaft
  • leben
  • experts
  • sport
  • politik
  • wirtschaft
  • gesellschaft
  • leben
  • experts
Startseite politik Man wird doch wohl noch...

Man wird doch wohl noch „Bullshit“ sagen dürfen : Braucht Politik auch mal Kraftausdrücke? 

2025-09-09
In politik Vom Ariane Bemmer

ÄHNLICHE ARTIKEL

„Das war ein Stich ins Herz“: In der Dokumentation „Der Anschlag“ kommen Angehörige der Terroropfer vom Breitscheidplatz zu Wort

Berlins Vergesslichkeiten: Wo bleibt eigentlich das „Archäologische Fenster“ am Roten Rathaus?

Wer ernsthaft diskutieren will, sollte sein Gegenüber nicht beleidigen. Eigentlich eine Binse. Gerade in der Politik ist diese aber wenig verbreitet, auch und sogar unter Koalitionsfreunden nicht.

Wer seine Regierungspartner (nicht die aktuellen) als „Wildsäue“ oder „Gurkentruppe“ bezeichnet, braucht keinen politischen Gegner mehr. Erklärt die SPD-Kabinettskollegin Bärbel Bas ihrem CDU-Kanzler Friedrich Merz, dass er „Bullshit“ redet, denkt der sicher nicht als allererstes ans Einlenken bei seinen Kürzungsplänen zum Bürgergeld.

Andererseits: Wer Aufmerksamkeit für seine Anliegen und seine Positionen will – und welche Politikerin will die nicht –, muss sie auf sich lenken, und zwar hörbar. In unserer Rubrik „3 auf 1“ beschäftigen sich deshalb drei Tagesspiegel-Autoren mit der Frage, ob Politik auch mal Kraftausdrücke braucht.


Die realen Probleme sind roh genug

Ariane Bemmer ist verantwortlich für die Debattenseite und schreibt als Autorin für verschiedene Ressorts. Sie sagt: Kraftausdrücke sind wie Rumschreien – sie belegen nichts, sie führen nicht weiter, sie verprellen im Zweifelsfall das Gegenüber. 

Mit Karl Lagerfeld ließe sich sagen: Wer in Debatten Kraftausdrücke wie „Bullshit“ nutzt, hat die Kontrolle über seine Position verloren. Kraftausdrücke sind wie Rumschreien: Sie belegen nichts, sie führen nicht weiter, sie verprellen im Zweifelsfall das Gegenüber. Alles wenig hilfreich. Jedenfalls nicht, solange Debatten noch mit dem Ziel geführt werden, Lösungen zu finden.

Sicherlich verlieren auch Politikerinnen und Politiker mal die Nerven und vergreifen sich in Ton und Wortwahl. Geschenkt. Dafür könnte man sich später entschuldigen. Stattdessen sieht es aus, als würden sie sich für ihre Ausfälle klammheimlich feiern, Motto: Da habe ich mich jetzt aber mal etwas getraut.

Das ist umso trauriger, als doch gerade – auch zu ihrem eigenen Missvergnügen – im Weißen Haus jemand sitzt, der genau so verfährt. Und was kommt da bei heraus? Eben: nichts. Außer eine Verrohung und Brutalisierung der Sitten, die wirklich niemand braucht, weil die realen Probleme roh und brutal genug sind.

Die Handelnden in der Politik sollten, wenn sie schon keine sinnvollen Ansätze für Problemlösungen haben, unbedingt darauf achten, dass sie das möglichst zivilisiert kundtun. Das ist nicht zu viel verlangt.


Lieber ein Weckruf als gar kein Leben

Elisabeth Binder schreibt als Gesellschaftsreporterin über große Events und fahndet nach interessanten Protagonisten des Hauptstadtlebens. Sie sagt: Ein gelegentlich in den Ring geworfenes, deftiges Wort ist gut geeignet, verbal auf den Tisch zu hauen.

Kraftausdrücke können wie Weckrufe wirken. Insofern haben sie, maßvoll dosiert, auch und gerade in der Politik eine durchaus wünschenswerte Wirkung.

Wenn man sich gegenseitig permanent anschreit und beleidigt, geht die Debattenkultur verloren. Hingegen ist ein gelegentlich in den Ring geworfenes, deftiges Wort gut geeignet, verbal auf den Tisch zu hauen. Das gilt besonders dann, wenn niemand persönlich verunglimpft wird.

Früher mal...

„Wildsäue“, „Gurkentruppe“: Als unter Angela Merkel CDU, FDP und CSU zusammen regierten, sprachen die Koalitionspartner durchaus unfreundlich übereinander.

© Klaus Stuttmann

Es hilft, das Wort auf Englisch zu verwenden, denn in einer anderen Sprache klingen Kraftausdrücke nicht so ordinär. Wenn die Sozialministerin Einsparungen als „Bullshit” bezeichnet, kann das freilich auch als Eigentor enden. Schließlich wird mancher gerade die Verweigerung von Einsparungen als „Bullshit“ empfinden.

Viele Wähler nehmen die Politik inzwischen als zu weichgespült wahr: Krankend an ängstlicher Verschieberitis, getrieben von der Sucht nach noch und noch mehr Beratung, um nur ja nichts falsch zu machen.

Zwar handelt es sich bei der Verwendung des Kraftausdrucks, streng genommen, um die Übertretung einer gängigen Benimmregel. Sie ist aber immerhin mit der erfreulichen Einsicht verbunden, dass da noch Leben ist.


Die Fehlerkultur ist das eigentliche Problem

Sebastian Leber ist Reporter im Hauptstadtbüro. Er recherchiert zu politischem Extremismus, insbesondere Rechtsextremismus. Er sagt: Im Vergleich zu dem Ausmaß, in dem früher herumgeflucht und beleidigt wurde, strotzen heutige Debatten vor Achtsamkeit.

Keine Frage, das „Bullshit“ von Bärbel Bas war unnötig. Ich vermute, die SPD-Vorsitzende sieht dies genauso. Leider gilt im Berliner Kosmos die ungeschriebene, aus der Zeit gefallene Regel, wonach Politiker in der Öffentlichkeit bloß nicht zu oft um Entschuldigung bitten sollten. Also eigentlich nie oder höchstens ein Mal. Ansonsten könnte die Karriere schweren Schaden nehmen, heißt es.

Dieser rückständige Umgang mit Fehlern ist das eigentliche Problem. Engagiertes Streiten unter Demokraten, bei dem gelegentlich auch einmal Kraftausdrücke fallen, wird Deutschland ganz sicher keine Trumpschen Verhältnisse bringen. Das geschieht eher durch das Normalisieren von Rechtsextremen.

Sieht man vom toxischen Herumlärmen der AfD-Abgeordneten im Bundestagsplenum ab, lässt sich übrigens festhalten, dass der Umgang der Parteien untereinander heute zivilisierter ist als im vergangenen Jahrhundert.

Davon kann man sich beispielsweise in Günter Purschs Klassiker „Das neue parlamentarische Schimpfbuch” überzeugen. Im Vergleich zu dem Ausmaß, in dem früher herumgeflucht und beleidigt wurde, strotzen heutige Debatten vor Achtsamkeit.

3 auf 1 Bärbel Bas Bürgergeld CDU CSU Friedrich Merz Kunst in Berlin Sozialpolitik SPD auf Facebook teilen auf Twitter teilen per WhatsApp teilen auf Pocket teilen

ÄHNLICHE ARTIKEL

Nach Wasserschaden in Ägyptologie-Bibliothek: Louvre-Personal will wegen nächster Museumspanne streiken

Nach Wasserschaden in Ägyptologie-Bibliothek: Louvre-Personal will wegen nächster Museumspanne streiken

2025-12-09

Nach Bekanntwerden des jüngsten Wasserschadens im Pariser Louvre, bei dem mehrere hundert Dokumente ...

Leipziger Buchpreis für Miljenko Jergović: Wenn die Glücksunterhosen nicht mehr passen

Leipziger Buchpreis für Miljenko Jergović: Wenn die Glücksunterhosen nicht mehr passen

2025-12-09

Es wirkt immer ein bisschen dürr und sich an eine unbedingte Aktualität anbiedernd, im Fall eines Li...

Radiohead in Berlin: Regen, Terror und das Bedürfnis, endlich mal in Ruhe gelassen zu werden

Radiohead in Berlin: Regen, Terror und das Bedürfnis, endlich mal in Ruhe gelassen zu werden

2025-12-09

Man könnte auf den Gedanken kommen, dass ganz Berlin, naja, sagen wir: das ganz popkulturelle Berlin...

Bieterstreit mit Netflix: Paramount bietet 108 Milliarden Dollar für Warner Bros

Bieterstreit mit Netflix: Paramount bietet 108 Milliarden Dollar für Warner Bros

2025-12-09

Der Medienkonzern Paramount will den Hollywood-Rivalen Warner Brothers nicht kampflos Netflix überla...

Nachruf in Bildern: Wie der Fotograf Martin Parr die Skurrilität des Alltags einfing

Nachruf in Bildern: Wie der Fotograf Martin Parr die Skurrilität des Alltags einfing

2025-12-09

Die Bilder, die den englischen Fotografen Martin Parr berühmt gemacht haben, sind Aufnahmen seiner L...

Nächster Beitrag
„Werden dieses Schiff auf Vordermann bringen“: Chrupalla sieht AfD spätestens 2029 im Bund regieren – Söder grenzt sich klar ab

„Werden dieses Schiff auf Vordermann bringen“: Chrupalla sieht AfD spätestens 2029 im Bund regieren – Söder grenzt sich klar ab

EMPFOHLEN

CSU-Chef Söder bei „Caren Miosga“: „Meine Höflichkeit gebietet, nicht zu sagen, was ich jetzt denke“

CSU-Chef Söder bei „Caren Miosga“: „Meine Höflichkeit gebietet, nicht zu sagen, was ich jetzt denke“

2025-12-09
„Wir müssen mit der Ukraine über den Winter kommen“ : Warum Merz bei Russlands eingefrorenen Milliarden Druck macht

„Wir müssen mit der Ukraine über den Winter kommen“ : Warum Merz bei Russlands eingefrorenen Milliarden Druck macht

2025-12-09

MEISTGESEHEN

  • „Sie belastet mich massiv“: Reichinnek spricht offen über Migräne-Erkrankung

    „Sie belastet mich massiv“: Reichinnek spricht offen über Migräne-Erkrankung

  • Wie bleiben Rente und Sozialleistungen finanzierbar?: Das sagen die Experten beim Tagesspiegel-Talk

  • „Familienzuwachs. Ich nehme eine kurze Auszeit“: Hofreiter verkündet Geburt seines zweiten Kindes

  • Kriminalität: BKA-Lagebild: Etwa jeder elfte Tatverdächtige Zuwanderer

  • Geheimdienste: Selen erwartet mehr Befugnisse für Verfassungsschutz 2026

  • „Wenn es nur irgendwie geht, vermeiden“: Söder warnt vor Belastung des Mittelstands durch höhere Krankenkassenbeiträge

KATEGORIE

  • sport
  • politik
  • wirtschaft
  • gesellschaft
  • leben
  • experts
  • Sitemap

© 2025 Vom Express01.

  • sport
  • politik
  • wirtschaft
  • gesellschaft
  • leben
  • experts

© 2025 Vom Express01.