In der Bundespolizei gibt es offenbar keinerlei Widerstand gegen die Anordnung von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), Asylbewerber an den deutschen Grenzen ohne Prüfung ihres Gesuchs zurückzuweisen. Das geht aus Antworten der Bundespolizei auf Anfragen des Tagesspiegels hervor.
Demnach gebe es „keine Erkenntnisse“ über Beamtinnen oder Beamte, die sich förmlich gegen den Vollzug von Dobrindts Anordnung gewehrt hätten. Auch gebe es keine Kenntnisse über strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Beamte im Zusammenhang mit ihren Grenzkontrolltätigkeiten.
Zur Prüfung einer strafrechtlichen Verantwortung von Bundespolizisten im Rahmen der Grenzkontrollen besteht keine Veranlassung.
Das Bundespolizeipräsidium zur Umsetzung von Dobrindts Weisung
Dobrindt hatte die Bundespolizei Anfang Mai schriftlich angewiesen, Asylsuchende zurückzuweisen, wenn sie aus Deutschlands Nachbarländern einreisen wollten. Die Maßnahme ist juristisch hoch umstritten, da sie nach Ansicht von Fachleuten gegen geltendes EU-Recht verstößt, das zwingend erfordere, zunächst die Zuständigkeit von EU-Mitgliedstaaten für den Asylantrag zu prüfen.
Beamte müssen rechtliche Bedenken melden
Grundsätzlich sind Beamte nach dem Bundesbeamtengesetz (BBG) rechtlich verpflichtet, unverzüglich Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen geltend zu machen. Wird diese trotz der sogenannten Remonstration aufrechterhalten, haben sie sich, wenn ihre rechtlichen Bedenken fortbestehen, an den nächsthöheren Vorgesetzten zu wenden.
Wird die Anordnung dort bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind erst dann von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt allerdings nicht, „wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen und Beamten erkennbar ist“, wie es im BBG heißt.
Solche Bedenken könnten in der Bundespolizei spätestens seit einem Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts bestehen. Das Gericht hatte kürzlich einem Eilantrag von drei Somaliern stattgegeben, die ein Asylgesuch stellten und von Bundespolizisten hinter der deutsch-polnischen Grenze zurückgewiesen worden sind.
Die Beschlüsse enthalten zahlreiche Ausführungen zur Rechtslage, die sich auf ähnliche Fälle übertragen lassen. Trotzdem hält Dobrindt an seiner Praxis fest und spricht von „Einzelfällen“.
Eine Debatte zu möglichen strafrechtlichen Folgen für Bundespolizisten etwa wegen Nötigung will die Behörde gar nicht erst aufkommen lassen. „Zur Prüfung einer strafrechtlichen Verantwortung von Bundespolizisten im Rahmen der Grenzkontrollen besteht keine Veranlassung“, teilte das Präsidium auf Anfrage mit.