Reisende am Berliner Flughafen müssen sich nach dem Cyberangriff auf ein IT-System in den kommenden Tagen weiterhin auf Verspätungen, Ausfälle und lange Wartezeiten einstellen. „Die Firma hat uns informiert, dass es noch mehrere Tage dauern kann, bis sie ein funktionsfähiges System bereitstellen“, sagte ein Flughafensprecher.
„Das ist sehr bedauerlich und hat uns überrascht.“ Wann genau alles wieder ordnungsgemäß funktioniere, sei nicht abzusehen. Auch am Mittwoch werde es daher erneut Streichungen und Verspätungen geben, hieß es vom BER. Das betroffene Unternehmen habe weitere Experten hinzugezogen und arbeite mit Hochdruck an einer Lösung.

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Am Mittwochmittag starteten die meisten Flüge vom BER mit Verspätung. Meist sollten die Flieger dabei nur eine halbe Stunde bis Stunde verzögert abheben, in einigen Fällen aber auch erst am späten Nachmittag.

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„Wir empfehlen allen Reisegästen, sich bei ihren Airlines zu erkundigen, ob ihr Flug geht oder nicht“, sagte der Sprecher. Außerdem werde dringend empfohlen, vor der Abreise online einzuchecken oder das Self-Check-in am Terminal zu nutzen, das von 19 Airlines angeboten werde.
Große Koffer dürfen nicht mit ins Handgepäck
Wegen des Angriffs am Freitagabend funktionieren Check-in, Boarding und Gepäckaufgabe nur eingeschränkt oder müssen aufwendig improvisiert werden. Die Fluglinien behelfen sich seit Tagen damit, dass sie das Einchecken der Passagiere zum Teil per Hand machen, zum Teil auch mit externer Technik.
Der Not-Betrieb habe sich aber inzwischen ganz gut eingespielt, hatte ein BER-Sprecher am Dienstag dem Tagesspiegel gesagt. „Es gibt keine ungewöhnlichen Warteschlangen mehr, die über das gewohnte Maß hinausgehen.“
Am Montag hatte am Flughafen Chaos geherrscht, vor allem, weil zusätzlich zum normalen Passagieraufkommen Tausende Läufer des Berlin-Marathons am Sonntag zurück in ihre Heimat reisen wollten. Viele strandeten in Berlin.
Einige Fluggäste hätten versucht, ihre Koffer als Handgepäck mit durch die Sicherheitskontrolle zu nehmen. „Das funktioniert nicht, davon raten wir dringend ab“, sagte der Sprecher. Das Gepäck müsse durch die Gepäcksortierung, um im Bauch des Flugzeugs zu landen, anders gehe es nicht.
Personal kommt an seine Grenzen
Seit Dienstagmorgen sei es wieder möglich, das Gepäck den einzelnen Flügen zuzuordnen und nicht mehr nur den Fluggesellschaften, das habe den Prozess etwas beschleunigt. „Aber es sind nach wie vor große Gepäckmengen, die bewältigt werden müssen.“ Personell und platztechnisch komme der Flughafen langsam an seine Grenzen, sagte der Sprecher.
Vom Systemanbieter indes gebe es noch keine Entwarnung. „Am Montag hatte er signalisiert, dass er kurz vor einer Lösung steht“, sagte der BER-Sprecher. Bis Dienstagnachmittag jedoch gab es noch keine Perspektive, wann der Betrieb wieder normal laufen könnte. „Wir stehen in Kontakt mit dem Dienstleister, aber es gibt keinen neuen Stand“, sagte der Sprecher.
Angriff legte europäische Flughäfen lahm
Der IT-Dienstleister Collins Aerospace war am Freitagabend zur Zielscheibe eines Cyberangriffs geworden. Der Hackerangriff legte die gemeinsamen elektronischen Systeme lahm, die über die Plattform des Anbieters liefen.
Nach Angaben der EU-Cybersicherheitsagentur ENISA handelte es sich um einen Angriff mit sogenannter Ransomware, also Schadsoftware, die Daten und Systeme verschlüsselt und erst gegen Zahlung eines Lösegeldes wieder freigibt. Wegen der Attacke meldeten vier europäische Flughäfen Probleme bei der Passagierabfertigung – neben Berlin waren dies Brüssel, Dublin und London Heathrow. Die anderen großen deutschen Flughäfen waren nicht betroffen. (mit dpa)