Der Chef der Linken, Jan van Aken, hat einen Vorschlag des Bundesdrogenbeauftragten Hendrik Streeck kritisiert, bei Arztbesuchen künftig eine Selbstbeteiligung von Patienten zu verlangen. „Streeck stellt hart arbeitende Menschen als Schmarotzer hin, nur, weil sie in Anspruch nehmen, was ihnen zusteht: Sie gehen zum Arzt, wenn sie krank sind“, sagte van Aken. Das sei ihr gutes Recht.
Deutsche gingen im Schnitt zehnmal im Jahr zum Arzt, in Frankreich seien es nur fünf und in Dänemark nur vier Arztbesuche pro Jahr, sagte Streeck der „Rheinischen Post“. „Hier kann eine moderate, sozialverträgliche Selbstbeteiligung helfen, Bagatellbesuche zu reduzieren“, so der CDU-Politiker. Diese sei nicht als Härte gedacht, sondern „als Steuerung – schlank organisiert und fair.“
Streeck ist derjenige, der sich unsolidarisch verhält.
Linken-Chef Jan van Aken
In dem Interview forderte Streeck ein Ende „der unsolidarischen Vollkasko-Mentalität“. Gesundheit sei keine All-inclusive-Dienstleistung des Staates. Jan van Aken entgegnete: „Streeck ist derjenige, der sich unsolidarisch verhält: Er zahlt als Beamter überhaupt nichts von seinem hohen Gehalt in die gesetzliche Krankenkasse ein.“ Wenn er an einer „fairen“ Lösung interessiert sei, könne er bei sich selbst anfangen.
Auch Merz kritisiert zu viele Arztbesuche
Der Chef der Linken warf mehreren Politikern der Union vor, das solidarische Krankensystem aufgeben zu wollen. Er erinnerte an Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU), die zuletzt Leistungskürzungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausschließen wollte, sowie an ihren Staatssekretär Tino Sorge (CDU), der vorgeschlagen hatte, eine im Leistungsumfang reduzierte Basisversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung zu schaffen.
„CDU/CSU bereiten eine Drei-Klassen-Medizin für Deutschland vor. Hier sollen nur noch diejenigen gut versorgt werden, die genug Geld mitbringen“, sagte van Aken. Um eine gute Gesundheitsversorgung für alle zu sichern, schlug van Aken stattdessen vor, „die Beitragsbemessungsgrenze abzuschaffen“. Die Regelung verhindert, dass Gutverdiener auf ihr gesamtes Einkommen Sozialabgaben bezahlen müssen.
Unterstützung erhielt Streeck hingegen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Seiner Ansicht nach gingen die Deutschen zu oft zum Arzt, sagte Merz bei einer Veranstaltung des Verbands der Maschinenbauer. Mit im Schnitt zehn Arztbesuchen pro Kopf und Jahr erreiche das Land einen „einsamen europäischen Rekord“.
Es brauche insgesamt „bessere Anreize“ in den sozialen Sicherungssystemen wie Krankenversicherung, Rentenversicherung oder Arbeitslosengeld, „mit den Ressourcen, die wir haben, sparsamer umzugehen“, führte Merz aus.
Lesermeinungen zum Artikel
„Eine Praxisgebühr oder Selbstbeteiligung bei Arztbesuchen ist total unsozial. Chronisch Kranke werden letztlich finanziell mehr belastet. Die Praxisgebühr hatten wir bereits und sie wurde aus guten Gründen wieder abgeschafft. Eine Krankenkassenreform sollte zunächst einmal bei den Krankenkassen selbst beginnen. Warum gibt es rund 100 Krankenkassen mit all ihren hochbezahlten Wasserköpfen und der überbordenden Bürokratie? Weniger wäre mehr!“ Diskutieren Sie über folgenden Link mit Leichtmatrose