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Zu gefährlich? Nutzlos? Überschätzt?: Die größten Missverständnisse über Künstliche Intelligenz

2025-11-09
In gesellschaft Vom Sebastian Leber

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Neulich saß ich mit einem Freund zusammen, als der etwas Ulkiges sagte: Er habe jetzt Abstand genommen von Künstlicher Intelligenz, die sei insgesamt doch enttäuschend und überbewertet. Er zeigte mir auch den Beitrag eines großen deutschen Nachrichtenmagazins, der seine Vorbehalte zu bestätigen schien. KIs seien demnach im Wesentlichen „Papiertiger“.

Wir haben dann drei Stunden durchdiskutiert.

In der letzten Folge dieser Kolumne schrieb ich über die weithin unterschätzte Macht der Missverständnisse – also wie sehr diese unser Leben beeinflussen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Die Missverständnisse, die in den Köpfen einiger Menschen über das Thema KI herumspuken, scheinen mir besonders zahlreich zu sein.

Sebastian Leber ist Tagesspiegel-Reporter. In seiner Kolumne beschäftigt er sich jede Woche mit einer Widrigkeit der Gegenwart. Sie können ihn auf Instagram sowie Bluesky erreichen.

Zum Beispiel die Bemerkung, bei KI handle es sich ja gar nicht um echte Intelligenz, sondern bloß um ein großes Sprachmodell. Dies ist zwar sachlich korrekt. Missgedeutet wird jedoch gern das Wort „bloß“. Viele werten es als Beleg dafür, dass KIs wohl doch nicht so großartig seien wie gedacht – und unterschätzen damit brutal die Möglichkeiten, wie derartige Sprachmodelle unseren Alltag bereichern können. Dass man sie etwa als persönlichen Assistenten, Einkaufshilfe und Terminplaner nutzen kann, aber auch als Helfer bei IT-Problemen, in Handwerksfragen, zum Singen- und Sprachenlernen oder der Ausgestaltung jedes noch so abseitigen Hobbys. Und das alles, ohne selbst programmieren zu können.

Weiterhin halten sich manche Menschen bislang von KIs fern, weil sie hörten, dass diese Technik für unseriöse oder gar kriminelle Zwecke genutzt wird. Auch dies stimmt, ist jedoch kein Grund, selbst auf die Vorteile der Technik zu verzichten. Ansonsten müsste man sich auch dem Internet verweigern. Oder noch platter formuliert: Jeder Mensch ist in der Lage, ein Küchenmesser als Mordwaffe zu benutzen. Aber verzichtet man deswegen beim Kochen auf Schneidegeräte? Ich habe ChatGPT dazu befragt, die Antwort lautete: Eine KI sei weder Gott noch Teufel, sondern eher ein Spiegel. Das trifft es gut.

Die KI-Revolution wird unser Leben mindestens so stark verändern, wie es das Internet und das Smartphone getan haben.

Sebastian Leber

Ich kenne Menschen, die sich von ChatGPT oder Konkurrenzprodukten fernhalten, weil sie denken, man müsse sich mit der Funktionsweise einer KI auskennen, um sie optimal zu nutzen – und diese Beschäftigung lohne sich nicht. Hier lauern gleich zwei Missverständnisse: Erstens lässt sich KI intuitiv nutzen. Am schnellsten haben das die jungen Menschen begriffen. Es lohnt sich, deren Nutzungsverhalten zu studieren. Dass sie mit der KI sprechen, also die Spracheingabefunktion nutzen, erleichtert es etwa, in einen echten Dialog zu treten und der KI so zu ermöglichen, der bestmögliche Helfer zu sein. Einfach mal ausprobieren.

Eine Investition in die Zukunft

Zweitens ist der Aufwand, sich mit der Funktionsweise einer KI zu beschäftigen, nur dann unangebracht, wenn man davon ausgeht, dass die neue Technik irgendwann wieder verschwinden wird. Das wird nicht der Fall sein. Im Gegenteil werden KIs in den kommenden Jahren unser digitales wie analoges Leben grundlegend verändern, und früher oder später werden auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, KI nutzen. Sich jetzt damit zu beschäftigen, ist also eine Investition in die Zukunft.

Die KI-Revolution wird unser Leben mindestens so stark verändern, wie es das Internet seit den 1990er Jahren sowie die Erfindung des Smartphones in den späten Nullerjahren getan haben. Deshalb könnte es sich lohnen, einmal kurz in sich zu gehen und zu überlegen: Sind Sie rückblickend zufrieden damit, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Ausmaß Sie damals die neuen Techniken adaptiert haben? Hätten Sie womöglich ein bisschen neugieriger und offener sein können? Falls die Antwort „ja“ lautet, können Sie es dieses Mal besser machen.

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